Ortsgeschichte

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Die erste urkundliche Erwähnung ist datiert um 1204 im Württembergisches Urkundenbuch. Um das Jahr 1200 wurde Kiebingen als “Cubingen” das erste Mal urkundlich erwähnt. Diese Erwähnung findet sich in einem Güterverzeichnis “Verzeichnis der von dem Stifter des Klosters Bebenhausen, Pfalzgrafen Rudolf an dasselbe geschenkten oder von anderen, teils ebenfalls geschenkten, teils käuflich überlassenen Besitzungen und Güter” des Klosters Bebenhausen, das Ohne Zeitangabe ist. Diese steht jedoch im Zusammenhang mit einem Pästlichen Schutzprivileg von Pabst Innozenz III vom 18, Mai 1204.

Kiebingen ist natürlich jedoch viel älter. Im Bereich des Ortsteils “Auf dem Rain” gab es bereits um 600 n. Chr. eine dorfähnliche Siedlung mit etwa 115 Einwohnern. Sie waren Alemannen, die um diese Zeit aus dem oberen Maingebiet in unsere Heimat eindrangen. Dies ergibt sich aus den Ausgrabungen eines Gräberfeldes im Gewand Hofstatt. Dies leitet sich auch aus dem Ortsnamen mit der Endsilbe “ingen” ab; der Urkiebinger könnte also ein Stammesoberer mit dem Name “Chubo” gewesen sein. In der Hofstatt enden die Bestattungen allerdings um das Jahr 750. Es spricht wenig dafür, dass diese Ansiedlung aufgegeben wurde. Wahrscheinlicher handelt es sich um die Zeit wo die Christianisierung hier abgeschlossen war. Vielleicht gab es dann hier bereits eine kleine Kapelle (über die es keinen urkundlichen Nachweis gibt) und man hat seine Toten um diese herum bestattet. Da die Gräber dann immer wieder neu belegt wurden, konnten aus dieser Zeit auch im Boden keine Nachweise gefunden werden.

Vom Kloster Rohrhalden, das Kiebingen einst prägte und das 1786 unter Prior Bernhard Adist aufgehoben wurde, ist nur auf einer Rammert-Karte von 1753 etwas zu entdecken.

Die Kiebinger Filialkirche der Mutterpfarrei Sülchen wird 1312 ermals genannt. Eine 1392 gestiftete Kaplanei wurde 1471 diesem Kloster Rohrhalden geschenkt, deren Patres den Ort jahrhundertelan seelsorgerisch betreuten. Das im Rammert südlich der Ortschaft Kiebingen gelegene Kloster wurde vor 1342 als Einsiedelei gegründet, 1358 kam es an die Ungarischen Pauliner, an den Orden des hl. Paul, des ersten Einsiedlers.

Luftbild Kiebingen 1979

Luftbild Kiebingen 1979

Seit 1861 ist der Ort Station der Bahnlinie Tübingen-Rottenburg. 1903 wurde das Wasserkraftwerk am Neckar errichtet.

Sonst aber ist der heutige Rottenburger Stadtteil an Traditionen, vor allem im Brauchtum, überaus reich. Nur ein Beispiel: Bloß hier hat sich im Landkreis Tübingen das in zweijährigem Turnus veranstaltete österliche Eierlesen erhalten. Die Neunzehn- und Zwanzigjährigen haben je 96 Eier von einer Wiese zu sammeln und in den Korb eines “Auftängers” zu werfen. Währenddessen läuft ein Vertreter des “gegnerischen” Jahrgangs nach Rottenburg, um in einem bestimmten Haus ein “Päckchen” abzuholen. Wer von den Wettkämpfern zuerst eine auf der Wiese aufgestellte, mit Geschenken behängte Tanne erreicht, hat für seinen Jahrgang den Sieg erfochten.

Das Schauspiel lockt jedes mal Tausende von Zuschauern an – ein anderes, das die Sage boshafter weise den Kiebingern andichtet, hätte wohl noch mehr gelockt:
Da sah eines Abends ein Kiebinger Bauer den Vollmond im Neckar, lief eilends in den Flecken und trommelte etliche Mitbürger zusammen: man könne sich den guten alten Mond an Land ziehen. Ein ganzer Trupp Kiebinger zog daraufhin mit einem Netz ans Flußufer, und der Entdecker des Fundes warf’s aus, versuchte, den Mond herauszuziehen, doch der schlüpfte zum Unverständnis der Zuschauer immer wieder aus den Maschen. Gleichwohl soll der Vorgang die Kiebinger auf den Mond besonders scharf gemacht haben. Ein anderes mal versuchten sie nämlich, den Erdtrabanten im Schweinestall einzufangen und festzuhalten. Natürlich gelang auch das nicht, und die Mondsüchtigen fühlten sich von ihrer Jagdbeute auch noch gefoppt: Soott sie nämlich die Stalltüre schlossen, saß der Mond wie zum Possen wieder “drin”, wollte sich dennoch nicht festhalten lassen. Aber der Mond hätte sich doch zu gut als Kiebinger Dorfbesitz gemacht, und so versuchten sie es denn ein drittesmal. Diesmal wollten sie ihn mit einer langen Stange vom Himmel herunter stoßen wie einen Apfel vom Baum. Nach mehrmaligen vergeblichen Versuchen dämmerte es ihnen, dass die Stange wohl nicht lang genug wäre und dass man sie “strecken” müsste, um an die Beute heranzukommen.

Doch, wie das so ist, heißen die Kiebinger seither bei denen, die sie frotzeln wollen, “Mondfanger” und “Stangenstrecker”. Was sie nicht verdient haben, aber als Bewohner eines Ortes mit soviel stolzen Brauchtumstraditionen mit Stolz überhören.

Quelle: Ortsbeschreibung Kreis Tübingen